Die Pflegeversicherung hat sich als solidarische und paritätisch finanzierte Sozialversicherung bewährt. Seit 1995, dem Jahr der Einführung der Pflegeversicherung, ist die Anzahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich gestiegen. Derzeit sind rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Bis zum Jahr 2050 werden 4,36 Millionen Patienten prognostiziert.
In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen an die Pflegeversicherung verändert. Diesen Änderungen soll das erste Pflegestärkungsgesetz, das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, Rechnung tragen. Es sieht entscheidende Verbesserungen vor: Eine stärkere Berücksichtigung der individuellen Situation von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen und den Abbau von Unterschieden im Umgang mit körperlicher und demenzieller Erkrankung.
Martina Stamm-Fibich, Betreuungsabgeordnete der SPD für das Nürnberger Land (Bildmitte, links) und Mitglied des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag und ihre Ausschusskollegin Heike Baehrens aus Göppingen (Bildmitte rechts) informierten in Rummelsberg über die Änderungen durch das neue Pflegegesetz und über weitere geplante Verbesserungen.
Die neuen Gesetze verringern den Pflegeschlüssel, d.h. die Anzahl Pflegender je Betreuungskraft. Die Leistungen für die Pflege wurden erhöht. Es ist nun auch möglich, ambulante und Kurzzeitpflege besser zu kombinieren. Weniger Dokumentation soll helfen, dass sich die Pflegefachkräfte auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können. Zufrieden zeigte sich Martina Stamm-Fibich, dass die Erhöhung des Pflegebeitrags von der Bevölkerung akzeptiert worden ist. Für die Bundestagsabgeordnete ein Zeichen dafür, dass die Leute wissen, wie wichtig die Pflegeversicherung ist. Mit der Möglichkeit, bis zu zehn Tage Lohnersatzleistungen für die Pflege von Angehörigen zu bekommen, ist die familiäre Betreuung von Angehörigen gestärkt worden. Für Heike Baehrens war es wichtig, dass Pflegeeinrichtungen, die Tariflöhne zahlen, diese Ausgaben auch bei der Festlegung des Pflegesatzes voll anrechnen können. In dem für Herbst geplanten zweiten Pflegestärkungsgesetz soll der Pflegebedürftigkeitsbegriff neu definiert werden und statt drei dann fünf Pflegegrade umfassen.
Prof. Dr. Thomas Beyer, der Vorsitzende der AWO Bayern (im Bild links) verglich die Gesetzesänderungen mit der Resolution der AWO aus dem Jahr 2012. Gute Pflege braucht guten Nachwuchs. Deshalb hat die AWO Bayern ihre Ausbildungsbemühungen von 2009 bis 2015 um 47 % gesteigert, während die Anzahl Auszubildender in Pflegeberufen in Bayern im Durchschnitt nur um 28 % wuchs. Dr. Beyer betonte aber, dass ein gemeinsamer Finanzierungstopf für auszubildende Pflegeheime erforderlich ist, damit nicht die Kosten der Ausbildung einseitig verteilt sind und sich ungleich auf die Pflegesätze durchschlagen.. Wichtig ist auch, dass Pflegetarifverträge allgemein verbindlich gemacht werden, damit sich Pflegeheime nicht mit Lohndumping Kostenvorteile verschaffen. Gleiche Arbeit muss auch gleicher Lohn bedeuten. Zum Schluss betonte Dr. Beyer, dass eine breitere Solidarität wie sie z.B., bei der Idee der Bürgerversicherung der SPD angedacht ist, helfen würde, die Kosten der Pflege auf zusätzliche Schultern zu verteilen.
Für Dr. Breitenbach, dem Leiter der Rummelsberger Diakonie hat gute Pflege mehrere wichtige Säulen. Fachlich gut ausgebildete Kräfte sorgen sich um die zu betreuenden Menschen. Auch die Menschlichkeit in der Pflege ist ein wichtiger Bestandteil. In einem gewissen Maße darf aber die Wirtschaftlichkeit der Pflegeheime nicht vergessen werden. Selbst die besten Einrichtungen können es sich nicht leisten ihre Pflegeeinrichtungen auf Dauer zu subventionieren. Die Seelsorge hilft dabei, die Sorgen und Ängste der zu Pflegenden und ihrer Angehörigen zu bewältigen.
Dr. Breitenbach (im Bild rechts) stellte jedoch auch die Frage, ob wir wirklich all die verschiedenen Aufsichtsorgane benötigen, um eine gute Qualität der Pflege sicher zu stellen. Oder ob wir mit unserem Dokumentations- und Regelungsperfektismus nicht über das Ziel hinausschießen. Bauliche Anforderungen sollten dahingehend hinterfragt werden, ob diese wirklich notwendig sind oder nur die Kosten einer Pflegeeinrichtung unnötig verteuern.
Am Ende der Veranstaltung wurden in einer regen Diskussion verschiedene Pflegethemen noch intensiv weiter besprochen.